Genehmigung für das Windkraftprojekt ES-02 Sümpflesberg – ein Schildbürgerstreich

Das Landratsamt Göppingen hat Uhl-Windkraft am 31.08.2022 die Genehmigung zur Errichtung von zwei fast 240 Meter hohen Windkraftanlagen vom Typ Nordex N149 am Sümpflesberg / Königseiche zwischen Büchenbronn – Baiereck – Thomashardt erteilt. Die Anlagen haben eine Nennleistung von je 4,5 MW.

Dies ist aus unserer Sicht ein Fehler denn die zu erwartenden geringen Windstromerträge stehen in keinem Verhältnis zu den gravierenden Beeinträchtigungen und Nachteilen für Landschaft, Natur und Menschen.

Streich 1: zweifelhafter Anlagentyp

Während das Landratsamt Göppingen die Genehmigung zur Errichtung und Betrieb von zwei Windkraftanlagen des Typs Nordex N149 erteilt, müssen andernorts 22 Anlagen dieses Typs  wegen technischer Mängel wieder abgebaut werden – zum Teil nigelnagelneue Anlagen die noch gar nicht ans Netz gegangen waren! Hintergrund ist, dass in Haltern (NRW) im September 2021 eine Anlage dieses Typs in sich zusammengebrochen ist. Die Gründe hierfür konnten immer noch nicht geklärt werden, der Untersuchungsbericht steht noch aus.

Streich 2: fehlende Windhöffigkeit

Der BW-Windatlas 2019 weist für den Standort ES-02 Sümpflesberg eine durchschnittliche Jahreswindgeschwindigkeit von 4,8 Meter / sec. in 100 Meter über Grund aus. Dies ist deutlich unter dem Mindestrichtwert des BW-Windenergieerlasses 2012 von 5,3 Meter / sec. (100 Meter über Grund). Somit hätte dieser Windkraftstandort im Regionalplan gar nicht ausgewiesen werden dürfen.

Die Landesregierung hat nun den Zielparameter geändert und den Mindestrichtwert herabgesetzt. Aber selbst dieser abgesenkte Orientierungswert von 215 Watt / qm (mittlere gekappte Windleistungsdichte in 160 Meter über Grund) wird nur knapp erreicht.

Nach Angaben des Landratsamtes Göppingen sollen die beiden Windkraftanlagen bis zu 23,7 GWh Windstrom im Jahr erzeugen. Uhl-Windkraft kommuniziert dagegegen nur eine Planproduktion von 18,0 GWh/a, dies sind immerhin 25% weniger! Windmessungen wurden am Sümpflesberg nicht vorgenommen und auch ein Windgutachten wurden im Genehmigungsverfahren nicht vorgelegt.

Am benachbarten Standort WN-34 Goldboden sind drei Windkraftanlagen seit vier Jahren in Betrieb, das Ziel wurde in diesen Jahren zwischen 20% – 30% verfehlt, im Jahr 2021 gab es 180 Flautetage (Auslastung < 10%).

Streich 3: Zerstörung des Natur- und Erholungsraums (Landschaftsschutzgebiete)

Der Schurwald ist ein überregional bedeutsamer Natur- und Erholungsraum in der dicht besiedelten Industrieregion Stuttgart. Weite Teile sind durch Landschaftsschutzgebiete und Natura2000 / FFH-Gebiete geschützt. Der Standort ES-02 Sümpflesberg liegt im Zentrum mehrerer Landschaftsschutzgebiete, so kommt es zur maximalen Beeinträchtigung der Landschaft. Für die beiden Windkraftanlagen müssen 14.300 qm Wald gerodet werden.

Windkraftanlagen sind Industrieanlagen, sie sind höher als der Stuttgarter Fernsehturm und ihre Rotoren überstreichen die Fläche von zwei Fußballfeldern.

Nur der Landkreis Göppingen erlaubt Windindustrieanlagen in Landschaftsschutzgebieten. Dies stößt auf großes Unverständnis, vor allem weil die Nachbar-Landkreise Esslingen und Rems-Murr dies nicht zulassen. Deshalb ist auch der Esslinger Teil von ES-02 Sümpflesberg entfallen.

Streich 4: Artenschutz wird missachtet

Der Schurwald ist auch die Heimat zahlreicher geschützter Vogelarten. An dem Standort ES-02 Sümpflesberg befindet sich ein Rotmilan-Dichtezentrum und mehrere Wespenbussardreviere. Den von Uhl-Windkraft vorgelegten Artenschutzgutachten konnten zahlreiche methodische Fehler nachgewiesen werden. Im Winter 2020/21 wurden zwei Horstbäume des Rotmilans gefällt, Folgen hatte dies keine!

Mehrere Naturschutzverbände haben sich gegen ES-02 Sümpflesberg ausgesprochen, so der Landesnaturschutzverband (LNV), der auch NaBu und BUND vertritt, ebenso wie die Naturschutzinitiative (NI), der Verein für Landschaftspflege, Artenschutz und Biodiversität (VLAB) und die Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz (AGF).

Streich 5: Fehlende Akzeptanz der Bevölkerung

Die Windindustrieanlagen bringen für die Anwohner erhebliche Nachteile und Beeinträchtigungen. Der Abstand zur Wohnbebauung in Baiereck beträgt nur 750 Meter.

Aus dem vorgelegten Lärmgutachten geht hervor, dass in Baiereck der nächtliche Immissionsrichtwert überschritten wird und in Baiereck, Büchenbronn und Thomashardt das Irrelevanzkriterium nicht eingehalten wird.

In Baiereck wird es auch zu erheblichen Beeinträchtigungen durch Schattenschlag kommen und es ist zu befürchten, dass hier die zulässigen Grenzwerte voll ausgeschöpft werden. In Thomashardt wird der Schattenschlag die Bebauungsgrenze erreichen.

Somit ist von einer deutlichen Verschlechterung der Lebens- und Wohnqualität auszugehen.

Der Widerstand der Bevölkerung wurde immer wieder deutlich. Dem Landrat wurden 1.500 Unterschriften gegen das Windkraftprojekt übergeben. Die Stadt Ebersbach hat das Einvernehmen zu dem Projekt verweigert – dieses wurde nun durch das Landratsamt ersetzt. Die Gemeinden Uhingen und Lichtenwald haben ablehnende Stellungnahmen zu dem Windkraftprojekt abgegeben.

Die von den Politikern viel beschworene Einbindung der Bürger stellt sich wieder einmal als hohles Gerede heraus. Das Windkraftprojekt wurde über den Kopf der Kommunen sowie der Bürgerinnen und Bürger entschieden.

Ausblick

Bereits der Bau der drei Windindustrieanlagen am Goldboden war eine erste Belastung für die Landschaft die nun vergrößert wird. Da der Schurwald nun noch stärker vorbelastet wird, wird die Genehmigung weiterer Windturbinen immer wahrscheinlicher. Die Landesregierung sieht auf dem Schurwald ein Potenzial für bis zu 80 Windindustrieanlagen; somit besteht die Gefahr, dass der Schurwald zu einer Windkraftindustriezone wird.

Petition der Stadt Ebersbach gegen das Windkraftprojekt ES-02 Sümpflesberg:

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