Petition gegen die Verpachtung landeseigener Waldflächen für Windkraftanlagen

Landesregierung verramscht Staatswald an Windkraftindustrie

BI PRO SCHURWALD reichte dagegen am 24. April 2015 eine Petition beim Landtag Baden-Württemberg ein.

Die grün-rote Landesregierung von Baden-Württemberg hat eine Politik des Zuhörens und Mitnehmens versprochen. Besonders beim Ausbau der Windkraft wird immer wieder betont, wie wichtig die frühzeitige Information und Einbindung der Bürger für die Akzeptanz von Windkraftprojekten bei der Bevölkerung sei.

Die Realität sieht jedoch anders aus. Während die Regionalverbände und Kommunen umfangreiche Anhörungen der Öffentlichkeit bei der Planung potentieller Windkraftstandorte durchführen, schafft die Landesregierung gleichzeitig insgeheim bereits Fakten.

ForstBW: Windkraftanlagen im Staatswald

So hat die baden-württembergische Forstverwaltung – ForstBW – bereits eine große Zahl von Pachtverträgen für „geeignete“ Waldflächen zur Windkraftnutzung mit Investoren abgeschlossen.

1. Die Landesregierung betreibt einen voreiligen und überhasteten Ausverkauf von Staatswaldflächen:

  • Da viele der bereits verpachteten Flächen von den Regionalverbänden und Kommunen bisher nicht als Vorranggebiete oder Konzentrationsflächen für Windkraft ausgewiesen sind, ist Ihre Eignung noch gar nicht festgestellt. Das Vorgehen der Landesregierung ist somit voreilig und überhastet.
  • Waldflächen sind ökologisch sensibel und wertvoll. Das Bundesnaturschutzgesetz, das Landeswaldgesetz und der Landesentwicklungsplan stellt sie deshalb unter besonderen Schutz. Sie dürfen nur nachrangig zur Windkraftnutzung bereitgestellt werden, wenn außerhalb von Wäldern nicht ausreichend verträgliche Standorte vorhanden Dies fordern auch alle Naturschutzverbände und das Bundesamt für Naturschutz.     Windkraft im Wald

    ForstBW bietet die Waldflächen dagegen offensiv und vorrangig – ohne Einschränkungen und Bedingungen – zur Windkraftnutzung an. Dies ist ein klarer Gesetzesverstoß!
  • ForstBW ist gleichzeitig Genehmigungsbehörde für die erforderliche Waldumwandlungsgenehmigung und Verpächter. Da, mit der Erteilung der Waldumwandlungsgenehmigung finanzielle Vorteile (Pachteinnahmen) für ForstBW verbunden sind, besteht hier ein Interessenkonflikt und es liegt Befangenheit Dies ist verfassungsrechtlich bedenklich!

2. Das Auswahl- und Bewertungsverfahren ist ungeeignet qualifizierte Projektierer / Investoren zu ermitteln. Die Flächen werden meistbietend verramscht!

  • Es werden keine Mindestanforderungen an Projekte und Bieter festgelegt: Das dominierende Auswahlkriterium ist die Gewinnmaximierung für ForstBW. Deshalb soll für jeden Standort – unter allen Umständen – ein Pachtvertrag abgeschlossen werden. Das am wenigsten schlechte Angebot gewinnt; ob es auch ein gutes Angebot ist, ist nicht sichergestellt.
  • Es wurden bereits Pachtverträge mit Projektierern abgeschlossen, die in der Vergangenheit ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen konnten, insolvenzgefährdet waren und in einen Bestechungs- und Korruptionsskandal verwickelt waren.
  • Das Auswahl- und Bewertungsverfahren ist für die teilnehmenden Bieter, betroffenen Gemeinden und die Öffentlichkeit absolut intransparent.

3. Pachtverträge können zu massiven Nachteilen für das Land und das Gemeinwohl führen. Das Auswahl- und Bewertungsverfahren wird ad absurdum geführt.

  • Es besteht kein ausdrückliches Widerrufsrecht für ForstBW für den Fall, dass Standortflächen nicht rechtskräftig als Vorranggebiet / Konzentrationsfläche für Windkraft ausgewiesen Die Planungen der Regionalverbände und Kommunen könnten somit ausgehebelt werden. Bisher hat ForstBW die abgeschlossenen Pachtverträge (noch) nicht an den Beschluss der Regionalversammlung Stuttgart vom 30.09.2015 angepasst.
  • Pachtverträge können – ohne Zustimmung von ForstBW – von einem Betreiber zum anderen durchgereicht (übertragen) werden (Ausnahme: Insolvenzfall). ForstBW kann sich wechselnden und immer schlechter werdenden Vertragspartnern gegenüber sehen. Das Auswahl- und Bewertungsverfahren wird damit konterkariert.
  • Durch die Maximierung ihrer (risikolosen) Umsatzbeteiligung schmälert ForstBW massiv die ohnehin geringen Gewinnaussichten für die politisch gewünschten Bürgerbeteiligungen.

Offensichtlich soll – vor der Landtagswahl –  in einer sinnlosen Panikaktion in möglichst kurzer Zeit die Errichtung von möglichst vielen Windkraftanlagen ermöglicht werden, um die Energiewende sichtbar zu machen.

Vordringliches Ziel der Landesregierung ist die Maximierung von Pachterlösen durch die Errichtung einer maximalen Anzahl von Windkraftanlagen auf landeseigenen Waldflächen. Natur- und Waldschutz spielen dabei keine Rolle mehr.

Das Vorgehen der Landesregierung ist dabei so unprofessionell und dilettantisch, dass für das Land Baden-Württemberg und das Gemeinwohl die Gefahr erheblichen Schadens besteht. Kein vernünftiger Mensch würde im privaten Bereich solch nachteilige Verträge abschließen.

4. Die Bürgerinitiative PRO SCHURWALD fordert:

  • Die sofortige Einstellung aller Angebotsverfahren und Aufhebung der abgeschlossenen Pachtverträge.
  • Die Verpachtung von landeseigenen Waldflächen nur nach Feststellung, dass in Baden-Württemberg außerhalb der Wälder nicht ausreichend verträgliche Standorte vorhanden.
  • Beschränkung der Verpachtung auf Flächen, die rechtskräftig als Vorranggebiete bzw. Konzentrationsflächen für Windkraft ausgewiesen.
  • Wir machen konkrete Verbesserungsvorschläge für das Auswahl- und Bewertungsverfahren und den Pachtvertrag.

Als grundlegende Ursache für diese mangelhafte und unprofessionelle Vorgehensweise von ForstBW ist das Fehlen eines Gesamtkonzeptes zum Ausbau der Windkraft in Baden-Württemberg mit einer landesweiten Koordination und Planung der Windkraftstandorte (Priorisierung) zu sehen.

Die Petition hat grundsätzliche und landesweite Bedeutung. Eine objektive und intensive Prüfung und Bewertung der Sachverhalte durch den Petitionsausschuss – als Anwalt der Bürger – ist deshalb erforderlich und geboten. Aufgrund der Komplexität und Eigenart der Sachlage ist die Hinzuziehung unabhängiger und neutraler Sachverständiger unverzichtbar.

Ohne eine solche Prüfung, würde sich die grün-rote Parlamentsmehrheit dem Vorwurf einer parteipolitisch voreingenommenen Behandlung und Beschlussfassung dieses Themas aussetzen. Die Landesregierung würde sich zum Richter über ihr eigenes Tun machen und sich selbst einen Persilschein ausstellen. Das Vertrauen der Bürger in die Politik würde hierdurch massiv Schaden nehmen.

 

Petition 15 / 05074 vom 24.04.2015 an den Landtag von Baden-Württemberg
gegen die Verpachtung landeseigener Waldflächen für Windkraftanlagen
durch das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz / ForstBW

Petition 15/05074 Gegen die Verpachtung landeseigener Waldflächen für Windkraftanlagen durch ForstBW (Text)

Petitionsausschuss vor Ort im Schurwald

Landtag entscheidet über unsere Petition gegen ForstBW

Petititon 15/05074 ForstBW – Beschlussvorlage Landtag 01.12.2016

Landtag BW – Protokoll 01.12.2016
(Seite 1016 + 1017: Tagesordnungspunkt 17)

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Stuttgarter Zeitung 10.01.2016: Land opfert viel Wald für Windräder

Südwestpresse 03.12.2015: Petition gegen Windkraft im Wald

Südwestpresse 29.01.2016: Ausschuss hadert mit Windrädern